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Bildbeschreibung: Stötzerbach-Wässerlein:  Es ist heute weitgehend verrohrt, tritt aber unterhalb des Goethehauses zutage
Bildbeschreibung: Stötzerbach-Wässerlein: Es ist heute weitgehend verrohrt, tritt aber unterhalb des Goethehauses zutage

Geschichtlicher Überblick über Stützerbach und seiner Wirtschaft

Stützerbach ist im Vergleich zu seinen Nachbargemeinden ein verhältnismäßig junger Ort. Er liegt unweit der uralten Handelsstraße von Leipzig nach Nürnberg bzw. Würzburg in der Nähe des Rennsteigs. Der Name des Ortes ist bis heute nicht völlig zweifelsfrei geklärt. Zum ersten Mal wird um 1503/1506 in einem Zinsbeleg eine „schneidmohln von dem Stoczerbach an der „Ilmen“ erwähnt. Wahrscheinlich gab das Stötzerbach-Wässerlein dem Ort seinen Namen.

Aus dem genannten Zinsbeleg lässt sich schließen, dass die ersten ortsfesten Siedler Schneidemüller waren, die schon früh das Holz der Wälder verarbeiten und die Wasserkraft der hiesigen Bäche dafür nutzten. Neben der Nutzung des Waldes lässt sich anhand von Bodenfunden (u.a. im Freibachtal) auch auf Bergbau und Erzverarbeitung schließen, urkundliche Zeugnisse hierfür fehlen jedoch.

Aus dem Jahre 1570 datiert ein Beleg über die Genehmigung zum Bau eines »Hofes im Stötzerbach«. Es handelte sich hierbei um einen Viehhof mit dem der Gräfliche Hofmeister und Amtmann Friedrich von Brandt durch den Grafen Poppo von Henneberg belehnt wurde. Damit erschien ‚Stützerbach’ als kleine Ansiedlung erstmals im Licht der politischen Öffentlichkeit.

Bis 1659 gehörte das damals winzige Örtchen zur „Gefürsteten Grafschaft Henneberg“. Das ehemals bedeutende Geschlecht der Henneberger starb 1583 in männlicher Linie aus. Von der nachfolgenden Erbteilung des hennebergischen Gebietes war auch Stützerbach direkt betroffen. Der den Ort durchfließende Bach Lengwitz, der sich am Ortsausgang in Richtung Ilmenau mit Taubach und Freibach zur Ilm vereinigt, wurde zur Ländergrenze. Dabei wurde der linksseitig gelegene Teil kurfürstlich-sächsischem, der rechtsseitige Teil sächsisch-weimarischem Besitz zugeordnet. Nach 1815 fiel der kursächsische Teil an Preußen; seitdem gab es bis 1946 ein Stützerbach P.A. (preußischer Anteil) und ein Stützerbach W.A. (weimarischer Anteil). Die Teilung hatte auch zur Folge, dass es fortan zwei Verwaltungen, also zwei Bürgermeister, zwei Schulen, zwei Kirchen, zwei Friedhöfe, zwei Forstämter, sogar zwei Feuerwehren, doppelte Vereine usw. gab. Die beiden Gotteshäuser und Friedhöfe sind heute noch sichtbares Zeichen einstiger Teilung. Nach 1946 kam „Gesamt“-Stützerbach zum Land Thüringen, 1949-1990 gehörte es innerhalb der DDR zum Bezirk Suhl und von 1991 bis 2018 zur Verwaltungsgemeinschaft „Rennsteig“ des Ilm-Kreises. Seit Januar 2019 ist Stützerbach Ortsteil der Stadt Ilmenau.

Zu Beginn der Besiedlung erwarben die wenigen Bewohner ihren Lebensunterhalt durch typische Waldberufe. Dazu gehörten Köhler, Harzscharrer, Rußbrenner, Pechsieder, Holzfäller, Schachtelmacher u. ä. Auch Flößerei wurde betrieben, indem die wasserreichen Zeiten des Jahres genutzt wurden, um Scheitholz auf den dann reißenden Gebirgsbächen und -flüssen bis nach Weimar treiben zu lassen. Auf gerodeten Flächen gab es neben unbedeutendem Ackerbau vor allem Viehzucht und Weidewirtschaft.

In den Jahren von 1665 - 1865 gab es in Stützerbach eine Papiermühle, die der damaligen Zeit entsprechend, hochwertiges Papier herstellte. Abnehmer waren sowohl die Fromann‘sche Verlagsanstalt zu Jena als auch die herrschaftliche Verwaltung in Weimar. Neben dem Stützerbacher Papier schätzte der weimarische Hof auch die Landschaft um Stützerbach. Herzog Ernst August von Sachsen-Weimar ließ u. a. auf dem Schlossberg ein Jagdschloss errichten, das allerdings nur von 1736 bis 1749 gestanden hat. Im Gefolge des späteren Herzogs Carl-August weilte auch Johann Wolfgang Goethe 28mal im Amt Ilmenau, 13mal kam er dabei nach „... dem geliebten Stützerbach...“ wie er es in einem Brief vom 3.8.1776 nannte. Quartier nahm die höfische Gesellschaft, zu der auch der Staatsmann und Dichter Goethe gehörte, bei ihren hiesigen Besuchen in den stattlichen Bürgerhäusern des Kaufmanne Glaser und des Glashüttenbesitzers Gundelach, letzteres birgt seit 1959 als „Goethe-Haus“ ein Museum. Beide Häuser stehen unter Denkmalschutz und sind sehenswerte Zeugnisse der damaligen Zeit. Auch Goethes dichterische Tätigkeit wurde durch seine Aufenthalte im Amt Ilmenau beflügelt. Der „Goethewanderweg Ilmenau – Stützerbach“ folgt diesen Spuren vorbei an Kickelhahn, Hermannstein und Gabelbach und verbindet eindrucksvoll die Naturschönheit der Landschaft mit historischem Hintergrund.

Wesentlich beeinflusst wurde die Ortsgeschichte, als sich, durch den Holzreichtum begünstigt, Glasmeister ansiedelten. Bereits 1648 errichtete Hans Holland auf kursächsischem Gebiet die erste Dorfglashütte. Eine weitere Glashütte wurde 1661/62 auf weimarischem Gebiet durch die Brüder Hans und Conrad Greiner gegründet. Damit waren im Wesentlichen auch die Weichen für die weitere wirtschaftliche Entwicklung Stützerbachs für Generationen gestellt. Die eigentliche Entwicklung zum späteren Glasindustriedorf erfolgt nach 1830, als sich mit zunehmenden naturwissenschaftlichen Erkenntnissen u. a. auch ein erhöhter Bedarf an Glasinstrumenten ergab. Besonders ist hier Franz Ferdinand Greiner (1808 – 1855), ein Mahlmüller und Glasbläser aus Stützerbach zu nennen, der gemeinsam mit Wilhelm Berkes die ersten industriell gefertigten deutschen Thermometer herstellte und zugleich auch den Grundstein für die deutsche Laborglasgeräteindustrie legte.

Im Zuge der weiteren industriellen Entwicklung gab es in Stützerbach auf preußischer Seite außerdem ab ca.1825 – 1951 eine Porzellanfabrik und zum Ende des 19. Jahrhunderts vier Glashütten sowie eine bedeutende Anzahl von Glasweiterverarbeitungsbetrieben.

Die Stützerbacher Glasindustrie der damaligen Zeit hatte Bedeutung für die gesamte deutsche Industriegeschichte. So wurden hier bereits um 1860 die ersten deutschen Fieberthermometer, 1881 die erste deutsche Glühlampe und die ersten doppelwandigen, Wärme-isolierenden Glasgefäße (später als Thermosgefäße bekannt) hergestellt. Auch die direkte Zusammenarbeit mit Prof. Wilhelm Conrad Röntgen bei der Entwicklung und Herstellung der ersten Röntgenröhren mit der Stützerbacher Firma Greiner und Friedrichs, die Zusammenarbeit dieser einst führenden Stützerbacher Glashütte mit Dr. Otto Schott aus Jena, sowie das von den Firmen W.K. Heintz sowie Greiner und Friedrichs eingeführte Normschliffsystem in der Glasindustrie sind zu nennen. Bedingt durch die wirtschaftliche Entwicklung wuchs der Ort zeitweise auf über 3000 Einwohner.

Bereits nach dem zweiten Weltkrieg kam es durch Abwanderung einiger Firmen in den Westen Deutschlands, durch Zusammenlegungen, aber auch durch Konzentration der gesamten Glasindustrie des Kreises in Ilmenau in den 1970er Jahren zu wirtschaftlichen Veränderungen. Seit 1990 wird in Stützerbach kein Glas mehr geschmolzen, nur eine Firma, die weiterhin Glas verarbeitet und wenige selbständige Heimarbeiter erinnern an die einst bedeutende, mehrere Jahrhunderte andauernde Glastradition.

Unabhängig von der industriellen Entwicklung entwickelte sich Stützerbach zu einem Urlaubs- und Kurort. Bereits um 1870 fanden die ersten »Sommerfrischler« ihren Weg ins Tal der Lengwitz. 1910 wird Stützerbach in einem Werbefaltblatt des Thüringer Waldvereins bereits als Höhenluftkurort erwähnt. Seit 1929 gab es Anwendungen nach der Kneipp'schen Heilmethode und 1932 warb ein Prospekt zum Besuch von Kneippkuren im ersten Thüringer Kneippbad mit Betreuung durch Fachkräfte. Kur- und Feriendienst wurden in der Zeit der DDR ausgebaut und hatten neben der Industrie wesentliche Bedeutung für den Ort. Heute können Urlauber und Gäste hier individuellen Urlaub verbringen, auch Kneipp'sche Anwendungen können bei Nachfrage angeboten werden.

Die Geschichte Stützerbachs wird interessierten Besuchern und Gästen ausführlich und eindrucksvoll im bereits erwähnten Museum Goethehaus sowie im Glas- und Heimatmuseum unseres Vereins im Haus des Gastes, Papiermühlenstraße 1 vermittelt.